Meine Beine bestimmen seit jeher mein Leben. Lange habe ich gebraucht, um sie so zu akzeptieren wie sie sind.

Wann genau diese Hassliebe begann, kann ich gar nicht sagen. Es muss irgendwann während der Pubertät gewesen sein. Denn sehe ich Bilder aus meinen Kindertagen, sehe ich ein glückliches Mädchen. Ohne besondere Merkmale – einfach eine ganz normale kleine norddeutsche Deern mit braunem Lockenkopf.

Als Teenager habe ich meine Beine verflucht. Nie konnte ich schicke Stiefel tragen, weil meine Waden so wuchtig waren. Jeans kaufen war ein Graus. Immer war irgendwas im Weg. Waren es mal nicht die Waden, dann waren es die Oberschenkel. Sie waren einfach nie so perfekt und schön wie bei anderen. Wie ich sie doch gehasst habe! So oft hab ich mir schöne schlanke Beine gewünscht. Aber alles wünschen half nun mal nix.

Heute weiß ich  zu schätzen, was meine Beine tagtäglich leisten. Perfekt sind sie immer noch nicht. Aber auch im Stich lassen sie mich nicht. Seit 15197 Tagen tragen sie mich durch’s Leben. Sie haben mich als Kind auf Bäume klettern, auf Berge kraxeln und unzählige Radtouren machen lassen. Aber das größte Geschenk, was sie mir gemacht haben, sie sind der Grundpfeiler meiner spät entdeckten Leidenschaft. Sie machen es mir möglich, dass ich fremde Städte, Wälder oder Strände laufend erkunden kann. Ihnen ist es gleich, ob ich nur mal kurz für eine kleine Hausrunde oder   für einen Marathon meine Turnschuhe schnüre und vor die Tür gehe. Sie tragen mich. Sie machen sich bemerkbar, wenn ich einen Gang runter schalten muß. Aber sie signalisieren mir auch, wenn ich noch ein oder zwei Kilometer mehr laufen kann. Ich bin dankbar dafür, dass ich trotz Lipödem und trotz täglicher Schmerzen laufen kann.

Ab 01.04. steige ich wieder ins Marathontraining ein. Jeden Tag werde ich auf´s Neue testen, was geht und was nicht. Langsam werde ich mich an die Distanz von 42.195 km herantasten. Dafür bleiben mir 10 Monate Zeit. Mit täglichem Faszienrollen, Qigong und extra Athletiktraining werde ich alles dafür tun, dass es meinen Beinen an nichts fehlt. Mir ist es bereits öfters mal passiert, dass ich ein schlechtes Laufgefühl hatte und mental komplett zugemacht habe. Es ging dann einfach nichts mehr. Jeder Schritt war zu viel. Aber bei einem Marathon darf das eben nicht passieren, sonst wäre das ganze Training umsonst. Also heisst das Motto des Trainings: alles dafür tun, dass es den Beinen gut geht. Denn ist das der Fall, ist auch mein Kopf voll auf das Laufen fokussiert.

Und Ziel ist es, am 09.02.2020 ebenso strahlend ins Ziel zu laufen wie in diesem Jahr beim Halbmarathon. 😉