Was genau?

50 km wandern in der Hitze Floridas!

Warum mache ich das? Weil ich es kann und meine Beine mich nicht im Stich lassen. Eine Erkenntnis, die sich in den letzten Monaten immer mehr in meinem Kopf verwurzelt hat.

Aber zurück zum Anfang:

am 20.06./21.06. fand der erste virtuelle Megamarsch Spezial #wirgehenweiter statt. Mein Ticket vom Bremer Megamarsch hatte ich umschreiben lassen, um an diesem Event teilnehmen zu können. Alle richtigen Veranstaltungen waren wegen Corona abgesagt worden und so wurden den Teilnehmern die Möglichkeit geboten, doch irgendwie zu marschieren und zwar dort, wo jeder in seiner eigenen Komfortzone ist – nämlich in der Umgebung des Wanderortes seiner Wahl. Die Veranstaltung lief so super, dass direkt im Anschluss ein Folgeevent geplant wurde. Ich hatte gedacht, dass ich nach einmal 50km wandern genug davon hätte. Aber das Team von Megamarsch und die tolle Community – verbunden über eine WhatsApp-Gruppe – waren so MEGA, dass ich mich spontan für den 2. Megamarsch Spezial #wirgehenweiter am 08.08./09.08. angemeldet habe.

Nachdem ich beim 1. Mal die 50km in zwei Etappen (am 20.06. 30 km, am 21.06. 20 km) aufgeteilt hatte, war der Plan für den Zweiten: 50 km an einem Tag zu wandern! Ich wollte aber nicht wieder die gleiche Route nehmen. Daher habe ich mir ein wenig angeschaut, wo in Florida ich dieses Event also problemlos absolvieren könnte. Meine Wahl fiel auf den Lake Okeechobee. Das ist der größte See Floridas. Eine komplette Umrundung würde ungefähr 177km betragen. Das ist aber nicht möglich, da Teile militärisch gesperrt sind. Es gibt aber im Netz super Informationen zu Radwanderungen und Wanderungen am Lake Okeechobee, wo ich mir in aller Ruhe meinen Streckenabschnitt herauspicken konnte für den 2. Megamarsch. Vorher musste aber noch ein wichtiges Detail geklärt werden. Diesmal wollte ich nicht alleine wandern. Daher fragte ich meine Lauffreundin Vicky, ob sie nicht Lust hätte mich zu begleiten. Vicky und ich sind schon in Disney World zusammen den Princess Halbmarathon gelaufen, also auch für jede Schandtat zu haben. Daher hat sie auch sofort zugesagt.

Nun konnte ich also in die Feinplanung gehen. Als Wanderstrecke hatte ich mich für den Streckenabschnitt von Okeechobee nach Lakeport entschieden. In Okeechobee gäbe es nämlich ein gutes Hotel mit Pool, wo man nach Abschluss der Wanderung schön hätte drin dümpeln und sich abkühlen können. Leider sollte es alles anders kommen. Die Corona-Pandemie hat sich hier in Florida bedauerlicherweise nicht so gut entwickelt, wie wir alle gehofft hatten. Aufgrund der hohen Infektionszahlen hatten wir kurz vor dem Wochenende entschieden, nicht nach Okeechobee zu fahren. Das Risiko, sich vielleicht doch anstecken zu können, war einfach zu groß. Also musste schnell eine Alternativroute gefunden werden. Da ich mich so auf das Abkühlen im Pool gefreut hatte, konnte es also nur eine Richtung geben – ab ans Meer!

Nachdem alle Vorbereitungen getroffen waren, die neue Strecke feststand, Verpflegung organisiert war, ging es am 08.08.2020 um 6.35 Uhr in Coconut Grove los. Aufgrund der coronabedingten nächtlichen Ausgangssperre von 22 Uhr bis 6 Uhr war ein früherer Start nicht möglich.

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Vicky (links) und ich kurz vor dem Start

Die WhatsApp-Gruppe war zu dem Zeitpunkt bereits am Explodieren. Am Abend zuvor hatte ich ab 18 Uhr noch die Mitternachtstarter angefeuert. Nun also waren zwölf Stunden vergangen und in Deutschland waren gefühlt alle Teilnehmer bereits auf der Strecke und vermeldeten erste Zwischenstände oder sogar Zieleinläufe.

Für Vicky und mich hiess es, so weit wie möglich zu kommen, bevor die Sonne vollends vom Himmel brannte. Zu Beginn war alles tiptop. Es war zwar warm mit 28 Grad, aber immerhin bewölkt.

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Wolken über Coconut Grove

Dann kam noch ein kurzer Schauer, was nicht ungewöhnlich ist für die Hurricane-Saison. Hätten wir jedoch gewusst, dass es an diesem Tag der einzige Regenschauer sein würde, wir hätten ihn vermutlich mehr genossen. So wanderten wir also frohen Mutes Richtung Downtown Miami. Vorbei am Kennedy Park, am Mercy Hospital, durch Brickell hindurch. Auf der Brickell Bridge gab es den ersten Stop. Wir hatten die 10km-Marke erreicht.

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Yeah! Die ersten 10km sind geschafft!

Das fühlte sich super an und wir machten uns daran, die nächsten Kilometer auf die Uhr zu bekommen. Downtown Miami ist jetzt nicht so der Hingucker. Aber ein paar schöne Momentaufnahmen wie „The Touch of Friendship“ oder das Denkmal des Entdeckers Floridas „Herrn Ponce de Leon“ gibt es schon zu sehen und wir machten so ein wenig Sightseeing. Wann macht man das schon  in seiner eigenen Stadt?

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Sightseeing Downtown

Über den Venetian Causeway ging es von Downtown nach Miami Beach. Mittlerweile wurde es immer wärmer. Daher wurde jeder noch so kleine Schatten genutzt, um nicht in der prallen Sonne wandern zu müssen. Um auf andere Gedanke zu kommen, schmiss ich mein kleines Radio an und gute alte Rockmusik begleitete uns ein Stück. img_6626

In der Lincoln Road erwachte so langsam das Leben, als wir dort ankamen. Die ersten Geschäfte machten auf, so dass wir mal kurz am Eingang stehen blieben und einen schönen kalten Luftzug der klimatisierten Läden zu erhaschen. Die kleinen Wasserbecken in der Mitte der Straße luden zum Eintauchen und Abkühlen ein.

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Nach 20km erreichten wir dann endlich den Strand. Von jetzt an hiess es immer geradeaus Richtung Hollywood. Viel Schatten gab es nun nicht mehr. Es war mittlerweile 10.30 Uhr und das Thermometer in der Sonne zeigte bereits über 35 Grad an.

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Anfangs nutzten wir den Boardwalk, der zwischen Beach und Ocean Drive verläuft. Das ist ein gut gepflasterter Weg, der auch ausreichend Platz bietet für social distancing. Schliesslich durften wir die geltenden Corona-Beschränkungen nicht außer Acht lassen. Um ab und an mal etwas abkühlen zu können, verließen wir den Boardwalk und gingen mehr ins Zentrum, wo auch diverse Geschäfte waren. CVS war an diesem Tag unser bester Freund. 🙂 Vicky brauchte etwas Kühles zum Trinken und auch ich nutzte die Gelegenheit, neben meinem Wasser (im Rucksack) zusätzlich Energie aufzutanken. Nach ungefähr 26km legten wir eine längere Pause ein. Die Hitze machte Vicky zu schaffen. Also suchten wir eine kleine Lokalität, wo wir auch sitzen konnten. In einem kleinen Delí fanden wir Obdach, bestellten uns leckere Bagel und setzten uns draußen gemütlich hin. Denn auch hier mussten wir an die Corona-Beschränkungen denken, die das sogenannte Indoor-Dining nicht erlauben.

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Nachdem Vicky´s Akkus wieder aufgeladen waren, ging es weiter. Wir folgten der Collins Avenue und in Bal Harbor hatten wir die 30km im Sack. Keine Ahnung, wie warm es war?! Aber unsere Köpfe glühten, denn Schatten gab es kaum noch. Immerhin ging am Meer ab und an ein laues Lüftchen.

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Jede Dusche, die wir am Wegesrand fanden, wurde genutzt, um den Kopf ein wenig abzukühlen. Bei Vicky liess die Motivation langsam nach und mir ging es immer noch super. Das viele Training und natürlich der 1. Megamarsch zahlten sich tatsächlich aus. Mit meiner guten Laune versuchte ich Vicky immer wieder aufs Neue zu motivieren. Als wir in Sunny Isles ankamen, gönnten wir uns einen kurzen Stop am Fishing Pier.

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Da ich mir ein wenig Sorgen um Vicky´s Verfassung machte, hatte ich beschlossen, dass wir umkehren und wieder Richtung Miami Beach wandern. Psychologisch war das genau die richtige Entscheidung und rang Vicky sogar ein kleines Lächeln ab, auch wenn ihr eigentlich nicht mehr danach zu Mute war. Sie litt richtig und ich musste meine ganze Energie aufbringen, damit sie nicht aufgab.

Als wir auf der Rücktour Haulover Beach erreichten, stellten wir fest, dass sich bei Vicky Blasen an den Füssen gebildet hatten. Also erstmal Grundversorgung. Wir hatten noch 15km vor uns. Langsam ging es weiter, ohne Schatten und mit jeder Dusche für eine Abkühlung. Zurück in Bal Harbor stoppten wir nochmal bei CVS. Nochmal Kaltgetränke nachtanken und vor allen Dingen mehr Blasenpflaster kaufen. Vicky hatte jetzt richtig zu  kämpfen, aber bei 10 verbliebenen Kilometer stand eine Aufgabe für sie außer Frage.

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Also wurden die Füsse getapt und verbunden, bevor es weiterging. Das Tempo war mittlerweile egal. Wir hielten uns auch daran, nun mehr an der Hauptstraße entlang zu laufen. Dort waren Geschäfte, ab und an auch ein wenig Schatten und wenn mal Not war, hätten wir irgendwo doch nochmal eine Pause einlegen können. Vicky biss auf die Zähne und ich pushte sie die letzten Kilometer verbal. Nun gab es nämlich nur noch ein Ziel, die 50km-Marke zu erreichen.

Nach 10 Stunden 17 Minuten reiner Wanderzeit – Pausen erreichten wir wieder Miami North Beach. Dort wartete auf einem Parkplatz mein Mann, um uns abzuholen. Aber ich musste noch ins Meer. Ich konnte nicht finishen, bevor ich nicht am Meer und vor allen Dingen im Meer war. Also haben wir noch ein paar extra Meter abgelegt und sind zum Strand gegangen. Auf der Uhr standen am Ende 51,82km (die kleinen Abstecher in die Läden wurden mit aufgezeichnet) und Vicky hatte noch Kraft, ein Foto von mir im Wasser zu machen. Das man auf dem Bild keine Dampfschwaden sieht, grenzt eigentlich an ein Wunder. Meine Füsse waren so heiß und das Wasser tat sooooooo gut.img_6636

Dieses Event war wieder total super. Immer wieder gab es Unterstützung durch die megatolle WhatsApp-Gruppe und jeder wurde angefeuert bis zum Schluss. Eine tolle Gemeinschaft, die einfach Lust auf mehr solcher Events macht.

Mein ganz persönliches Fazit:

Für mich lief der Tag einfach super. Ich hatte so gar keine Probleme mit den Beinen, keine Schmerzen, keine Blasen. Ich war einfach nur megahappy über das 2. Finish. Ein großes Dankeschön an meinen Mann, der meine Verrücktheiten einfach so mitmacht. Aber richtig stolz bin ich auf meine Freundin, die quasi ohne Training und mit viel Courage diesen Megamarsch gerockt hat. Vicky ist eindeutig meine Heldin des Tages! Und natürlich hab ich mich zu dem 3. virtuellen Megamarsch #wirgehenweiter angemeldet. Nun will ich auch die Medaille für den Lokalmatadoren erwandern. 😉

Viele Grüße,

Eure Yvonne