Im Grunde bin ich jeden Tag sportlich aktiv. Auch an den Tagen, an denen mir so gar nicht danach ist. Das Gefühl hinterher ist einfach toll. Dabei ist es egal, ob es einfach nur eine halbe Stunde Yoga ist, ein Lauf früh morgens wenn die Stadt noch schläft oder eine Tour mit dem Rad.
Inspiration zum Weitermachen hole ich mir von Menschen wie Du und ich. Von Menschen, die ebenso 9 bis 10 Stunden arbeiten anschließend die Familie versorgen, den Haushalt machen und irgendwo noch ein bisschen Zeit für Sport einbauen. Denn das sind die wahren Helden und nicht irgendwelche Promis, die jede Menge Geld und Zeit zur Verfügung haben, um sich nur um sich zu kümmern.
Patricia ist so eine inspirierende Person für mich. (Sie hat mir ihr OK gegeben, dass ich über sie schreiben darf). Sie hat ein stark ausgeprägtes Lipödem und macht Crossfit-Training. Ja, Ihr habt richtig gelesen – CROSSFIT! Für diejenigen die nicht wissen, worum es bei dieser Art von Workout geht, hier die Erklärung: Crossfit ist ein intensives Kraft- und Cardiotraining, das aus vielen funktionellen Übungen besteht, die fortlaufend variieren und mit hoher Intensität durchgeführt werden müssen.
Um sich besser austauschen zu können, hat Patricia vor Jahren eine FB-Gruppe gegründet. Die Mitglieder von „Lipedema Fitness“ sind Frauen, die mit der Diagnose Lipödem leben und beschlossen haben, Ihre Gesundheit und Fitness selbst in die Hand zu nehmen. In dieser geschlossenen Umgebung teilen die Frauen ihre Erfahrungen auf dem Weg in ein gesünderes und fitteres Leben trotz Lipödem. Mittlerweile sind es über 4.000 Mitglieder und regelmäßig berichtet Patricia auch mit Videos über ihr Training. Es ist einfach unglaublich inspirierend und motivierend, was diese Frau leistet und wie beharrlich sie ihre Workouts durchzieht. Ich bin ein großer Fan, denn sie macht so vielen betroffenen Frau Mut und zeigt, dass auch bei fortgeschrittenen Lipödemen es möglich ist, ein aktives Leben zu führen. Ich habe daher auch im Juni keine Sekunde gezögert, an dem von ihr ins Leben gerufenen „Lipedema Triathlon“ teilzunehmen. Dieses Jahr hat er bereits zum vierten Mal stattgefunden und die Zahl der Teilnehmer, egal ob vor Ort oder virtuell, steigt von Jahr zu Jahr. Ich hoffe, dass ich im nächsten Jahr live dabei sein kann.
Eine weitere Portion Inspiration hole ich mir jeden Tag, wenn ich 10 km von zuhause ins Büro radle. Ich genieße diese Fahrten mit jeder Faser meines Körpers, sauge morgens die ersten Sonnenstrahlen auf und bin dankbar dafür, dass ich für eine begrenzte Zeit an einem so wunderbaren Ort leben darf.
Klar ist nicht jede Fahrt gleich. Manchmal hängt mir das Lauftraining vom Abend davor noch in den Knochen oder die Beine sind einfach per se schwer wie Blei. Aber nicht radeln ist keine Option! Das liegt nicht nur an dem kleinen ökologischen Fussabdruck, den ich durch die Nutzung des Rades anstelle des Autos hinterlassen möchte.
Jeden Morgen begegne ich einem älteren Herren. Ich auf dem Fahrrad, er in kleinen Trippelschritten auf dem Fussweg. Ich mit Festtagsbeleuchtung zum Schutz vor den Autofahrern, er in einem quitschigen neongelben Laufshirt. Dieser Mann ist bestimmt schon Anfang 80. Seinem Gang und seiner Haltung nach zu urteilen, hatte er vermutlich mal einen Schlaganfall. Auf jeden Fall ist er gesundheitlich angeschlagen. In der Regel begegnen wir uns so bei km 8. Zielgerichtet trippelt er vor sich hin, Wasserflasche in der einen und Handtuch in der anderen Hand. Seine Umgebung nimmt er zwar wahr, aber den Fokus verliert er nicht. Der Blick ist immer klar nach vorne gerichtet. Manchmal bringt ihn nur eine wunderschöne Blüte dazu, an einem der Bäume stehen zu bleiben. Ich habe nicht die geringste Ahnung, was er jeden Tag für eine Strecke zurücklegt. Aber ihn morgens zu sehen, ist einfach inspirierend und ein weiteres gutes Beispiel dafür nicht aufzugeben. Dieser Mann zeigt mir jeden Morgen, was ein starker Wille ausmachen und wie dankbar ich sein kann.
Ja, ich bin krank und diese Krankheit wird mich ein Leben lang begleiten. Aber sie wird mein Leben nicht bestimmen. Ich ganz allein entscheide darüber, was geht und was nicht.
Und ich kann laufen und Radfahren, auch wenn meine Beine sich manche Tage wie Betonklötze anfühlen. Ich kann ein aktives Leben führen. Ich kann alles ausprobieren, was ich will. So werde ich im nächsten Jahr nach meinem Marathon an einem 50 km Megamarsch teilnehmen. Das es anstrengend wird, steht ausser Frage. Das es eine Herausforderung für die Beine wird, ist ebenfalls klar. Aber ich hab da so richtig Bock drauf und freue mich total, an meine Grenzen zu gehen.
Zur Sicherheit habe ich meinen großen Bruder an der Seite. Der wird schon auf mich aufpassen. 😉
Also Mädels, lasst Euch nicht unterkriegen. Diese Krankheit ist blöd, aber sie ist nicht das Ende der Welt. Sucht Euch Inspiration in Eurem Umfeld und lasst Euch nicht von irgendwelchen vorgegaukelten Schönheitsidealen entmutigen. Nein, den perfekten Bodytype haben wir Lipiequeens nicht. Aber das kann uns nicht daran hindern, das aktive Leben zu führen, das wir führen wollen.
Auf mich warten noch so viele Laufabenteuer. Und sollte ich mal einen schlechten Tag haben und an mir zweifeln, denke ich einfach an Patricia und den älteren Herren und was ein starker Wille bewirken kann. Denn am Ende ist mein Wille meine Grenze!
Wo holst Du Dir Deine Inspiration? Und welche Abenteuer warten noch auf Dich? Erzähl doch mal.
Viele Grüße,
Yvonne
Eine Freundin von mir hat in ihrer Reha ein Lipödem diagnostiziert bekommen – ich glaube, ihre Antwort auf Deine Frage ist eigentlich viel interessanter als meine. Ich sehe sie übermorgen, sie kommt auf dem Heimweg von der Reha auf eine Nacht bei mir vorbei. Sie hat sich das Schwimmen als Sport ausgeguckt 🙂
Was mich angeht, die ich unter anderen Dingen leide: Mich motiviert und inspiriert, freien Kopf an Samstagen zu haben, wo ich früher mit Kopfschmerzen dalag. Mich inspiriert, wenn mir auf der morgendlichen Laufstrecke ein Nordic-Walker einen schönen Laufstil bescheinigt, wenn ich sehe, dass sich nach Fußproblemen mein Lauftreffchef und Arzt wieder ans Laufen kämpft.
Vor allem aber inspirieren mich Menschen, die gegen Krankheit oder den am Anfang des Ziels eines bewegteren Lebens unheimlich starken inneren Schweinehund Erfolge erringen. Was mir aber auch unheimlich Inspiration gibt, ist, wenn meine Erfolge – nicht in erster Linie die Wettkämpfe! – andere Inspirieren, ebenfalls die Bewegung, den aktiven Lebensstil zu suchen!